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Arnplattenspitze - Ein Highlight zwischen Wetterstein und Karwendel

Aktualisiert: 1. März 2023


Hinweis in eigener Sache: Nach meinen Informationen ist im Schlussanstieg zur Arnplattenspitze eine Stahlseil angebracht worden und der Abschnitt damit deutlich entschärft. Ohne vor Ort gewesen zu sein, nehme ich an, dass eine neue Bewertung des Schlussanstieges mit Klettersteig B, statt UIAA II / T5- angemessen ist. Für Richtigkeit kann keine Geähr übernommen werden.

In meiner Reihe der unbekannten und unterbewerteten Gipfelgrate in den Bayrischen Alpen gibt es nun schon einige Beiträge vom Chiemgau bis ins Allgäu. Genau zwischen diesen beiden Regionen liegt der Wetterstein und Karwendel, eine Region mit geradezu weltberühmten Gipfelgraten wie dem Jubiläumsgrat. Doch um den soll es heute natürlich nicht gehen, denn das Adverb unbekannt dürfte auch weiter eine Rolle auf meiner Website spielen. Und so will ich euch heute eine Tour vorstellen, die ich im September 2020 schon einmal, damals aber auf Englisch gepostet habe und die ich euch nun auch auf Deutsch zugänglich mache. Es geht um die Besteigung der Arnplattenspitze im Wetterstein.

 
WET Arnplattenspitze
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Arnplattenspitze Nebel, Weislehenkopf
Die Arnplattenspitze im Nebel

Vier Gründe für die Tour

  • Zwischen Wetterstein und Karwendel gelegen bietet die Arnspitzkette großartige Ausblicke auf beide Bergmassive

  • Aufgrund der Popularität umliegender Wandergebiete verirrt sich kaum jemand hierher. Selbst innerhalb der schon unterfrequentierten Arnspitzkette ist die Arnplattenspitze eher eine Nieschentour

  • Trotz des technischen Anspruches ist die Tour recht kurz und für fitte Wanderer sogar als Halbtagesausflug realistisch

  • Natürlich erwarten uns die von meinen Posts schon gewohnten und geliebten UIAA II Kletterstellen, die wie immer ein ordentliches Stück Pfeffer in die Tour bringen


Die Tour

Im Dorf Arn gilt es zunächst einmal einen Parkplatz zu finden, was sich dank mangelnder Beschilderung schon mal nicht als ganz so einfach herausstellt. Wir müssen, von Mittenwald kommend, quasi die erst Einbiege nach links nehmen und dann über eine Brücke fahren, wo sich der Parkplatz findet. Aber Vorsicht: Der Automat nimmt nur Münzen, welche ich aus Gründen der Gewichtsersparnis schon bei vielen Wanderungen aus meinem Geldbeutel verbannt habe. In diesem speziellen Fall waren die wenigen Münzen, die ich noch bei mir trug, der Wandergeschwindigkeit eher zuträglich – immerhin hat mich das Wissen nur ein Halbtagesticket lösen zu können sehr zum Aufrechterhalten eines hohen Durchschnittstempos motiviert.


Ein Typisches Bild vom Aufstieg

Die technischen Schwierigkeiten der Wandertour überwunden begeben wir uns nun dankbar in die Schöße von Mutter Natur und folgen der Leutascher Arche flussab bis wir auf einer kleinen Brücke den Arnbach überschreiten. Direkt danach wenden wir uns nach rechts auf einen Wanderweg, so klein und unscheinbar und überwachsen, dass beinahe jedem Wanderer zuerst einmal Zweifel kommen dürften, ob man hier noch richtig ist. Von nun an geht es bergauf mit der Tour, und das gleich in mehrerer Hinsicht: landschaftlich, anstrengungsmäßig und vor allem wörtlich.


Gerade auf den wörtlichen Teil will ich einmal eingehen. Uns erwarten auf den nächsten zwei Kilometern gute 500 Höhenmeter. Und um jetzt ein anschauliches Bild zu diesen Zahlen zu geben: Das ist, auf den Meter gerechnet, steiler als eine DIN genormte Treppe überhaupt sein darf. Oder um es anders zu sagen: Die Wadeln fangen schnell an zu brennen. Dazu trägt aber auch der Weg bei, der sich hier durch einen lichten Kiefernwald auf offenliegenden Kalksteinfeldern schlängelt und leider nur stellenweise die Bezeichnung Wanderweg überhaupt verdient. An den anderen müssen wir uns auf Sicht von Markierung zu Markierung durch die fast mediterran anmutende Landschaft hangeln. Leider kreuzt auch immer mal der ein oder andere Wildwechsel unseren Weg und macht uns dann, zusammen mit den manchmal sehr versteckten Markierungen, das Abkommen von unserm Pfad all zu einfach.


In diesen Verhältnissen geht es den Berg hinauf bis wir bei 1664 m. ü m. die Biwakschachtel erreichen. Diese könnte für uns entgegenkommende Überquerer der Arnspitzkette durchaus als Notunterkunft dienen, wenn diese die Länge der Tour überschätzt hätten. Leider ist hier die Aussage von „könnte dienen“ Programm, denn wie man diversen Internetforen entnimmt, wird die Biwakschachtel immer wieder durch die örtliche Dorfjugend zerstört und war auch zum Zeitpunkt meiner Wanderung in einem vollkommen ruinierten und unbrauchbarem Zustand. Unser Pfad führt uns direkt an der Hütte vorbei und wird ab hier etwas gemütlicher. Trotzdem lohnt es sich immer wieder kleinen Pausen einzulegen, denn von nun an können wir die Bergketten des Wettersteins durch Lücken im Wald erspähen. Und wenn wir schließlich den Zwirchkopf (1769 m. ü. m.) erreichen, dann eröffnet sich nicht nur hinter uns ein Traumblick. Denn ab jetzt können wir auch vor uns den markanten Felsturm der Arnplattenspitze über einem Meer aus grünen Latschen erblicken.

Mitten hineien in das Latschenmeer

Der weitere Weg bis zum Arnkopf (1933 m. ü m.) ist zunächst geprägt von einem steilen Auf und Ab, doch kann noch mit einem echten Highlight aufwarten. Denn bald führt uns der hinein in das Meer aus wogenden Latschen, und wie ein Taucher der die Oberfläche eines unbekannten Ozeans durchbricht finden wir uns bald in einer fremden Welt wieder. Mehr als mannshoch stehen die Latschen auf beiden Seiten des Weges, im steifen Wind wogend wie Seegras in einer Meeresströmung. Der Blick auf die umliegenden Berge ist teilweise komplett verwehrt und wie unter Wasser haben wir nur eine sehr begrenzte Sichtweite, den blauen Horizont der Himmelsoberfläche über uns, teils verstellt vom grünen Geäst. Zu alledem kommt hinzu, dass der Boden in diesen Latschentunneln aus weichem, lockern Gras besteht, der das Wandern geradezu zur Lust werden lässt und an manchen Stellen als gemütliche Matratze zum hinlegen und Pause machen einlädt. Eine kleine Weile geht es so durch diese Märchenlandschaft, bis wir schließlich den Weißlehenkopf (2002 m. ü. m.) erreichen, von dem aus sich nun endlich Wetterstein, Karwendel, Isartal und Arnplattenspitze in ihrer vollen, wilden, ursprünglichen Pracht darstellen.

Die letzten 170 Höhenmeter bis zum Gipfel selbst geschahen in meinem Fall komplett in Wolken, sodass ein finales, spektakuläres Gipfelfoto hier fehlt. Dies war aber auch nicht zu meinem Nachteil, denn so blieb mehr Konzentration für die Kletterstelle im Gipfelanstieg übrig. Etwa die letzten 50 Höhenmeter gilt es an einer Felswand in der Schwierigkeit UIAA II hinaufzuklettern. Dabei bietet diese Wand eine kaum denkbare Kombination aus viel genutzten, abgespeckten Griffen und dem für diese Region typischen Bruchgestein. Vorsicht und ein Helm sind also geboten. Dennoch ist der Aufstieg für all jene, die solche Touren regelmäßig machen, eher auf der (vergleichsweise) entspannten Seite anzusiedeln. Ich hatte auf jeden Fall schon bei manchen Kletterstellen mehr Herzklopfen.

Der Aufstieg ist jedoch hier nicht das Kriterium, sondern die Tatsache, dass es den selben Weg auch wieder bergab gehen muss. Diese Kletterstelle müsste in die Kategorie der „Abstieg nicht zu empfehlen Stellen“ gehören, wäre nicht die einzige Alternative eine sechsstündige Gratüberschreitung mit einem auch von hartgesonnenen idr. abgeseilten Stück. Dementsprechend sollte das Erklimmen der Arnplattenspitze nur denjenigen vorbehalten bleiben, die auch den Abstieg komfortabel meistern können. Auf keinen Fall sollte man sich aber, von dem scheinbar gemütlichen Beginn des Kletterstücks, zum Einstieg verleiten lassen, wenn keine Vorerfahrung mit solchen Stellen besteht.


Nach dem Abstieg bleibt uns nur noch die Wanderung zurück nach Arn, die nach dem Abstieg vom Weißlehenkopf größtenteils über einen Forstweg erfolgt. Dieser zieht sich beim Rauswandern ein wenig, kann aber das Gesamterlebnis dieser Tour nur wenig trüben.


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