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Wandern von Thalkirchen nach Schäftlarn



Ein Kulturkampf ist in Bayern ausgebrochen. Es mag sein, dass er lächerlich unwichtig und unglaublich kleinlich im Vergleich mit den restlichen Problemen unserer Welt ist. Nichtsdestotrotz, für die Bewohner Bayerns ist er ein echtes Thema. Und es ist ein Problem, dass bestehen bleiben wird und in seiner Dringlichkeit immer mehr Zunehmen wird, sollte keine Lösung gefunden werden. Um es kurz und knapp zu erklären: Etwa sechs Millionen Menschen leben in der Metropolregion München. Das mag sich zunächst nicht nach viel anhören, gerade wenn man bedenkt, dass die Region fast so groß ist wie Belgien. Doch es gibt einen gewaltigen Engpass: das Wochenende. Denn an diesen zwei Tagen, da fährt gefühlt die hälfte der Einwohner in die Alpen, um Entspannung und Erholung zu finden. Und seitdem ein Grenzübertritt nach Österreich wegen Covid-19 nicht mehr möglich ist, konzentrieren sich die Menschenströme noch extremer auf einzelne Orte.


Die Infrastruktur dieser Orte hatte bereits vor der Pandemie ihre Kapazität erreicht. Und nur allein der Fakt, das aufgrund der Regularien jetzt mehr Menschen alleine im Auto anreisen, hätte gereicht, um das System in die Knie zu zwingen. Hinzu kommt aber, dass vermutlich weniger Tagestouristen die öffentlichen Verkehrsmittel nutzen, da hier die Ansteckungsgefahr höher ist. Aber der größte Faktor ist sicherlich, dass die Zahl der Outdoorsportler seit Beginn der Pandemie gewaltig gestiegen ist. Und diese "neuen", die sich noch nicht gut auskennen, stürzen sich verständlicherweise zuerst auf die erprobten und berühmten Orte in den Alpen. Jedoch sind es genau diese Plätze, die schon vor Beginn der Krise sehr hoch frequentiert waren und bei denen jetzt die Kapazität voll ausgereizt ist. Damit ist es fast unvermeidbar, dass es zu Konflikten zwischen den Einheimischen und den Tagestouristen kommt. Ich bin der Meinung, dass die Spannungen weiter zunehmen werden, wenn hier nicht eine ganzheitliche Lösung gefunden wird, um die Reisenden in sinnvolle Bahnen zu lenken. Und ich gehe davon aus, dass dieses Problem selbst nach dem ende der Pandemie bestehen bleiben wird.


Der Gedanke darüber hat mich wiederum dazu gebracht, über meinen Blog nachzudenken. Und während ich mir bezüglich meiner Leserzahlen keinerlei Illusionen mache, muss ich zugeben, dass ich zumindest ein sehr kleiner Teil des Problems bin. Indem auch ich die bayrischen Alpen anpreise, ohne zu wissen, was sich überhaupt in meiner direkten nähe befindet. Und obwohl ich mich auf eher unbekannte Berge wie etwa die Arnplattenspitze fokussiert habe, führen solche Touren ebenso zu mehr Verkehr auf denselben überfüllten Straßen. Also habe ich mich entscheiden, mich zumindest für die nächsten Wochen auf ein neues Thema zu stürzen. Ich will ein paar deutliche lokalere Touren in den Fokus rücken, und ich habe mir drei Kriterien für diese Ausflüge überlegt.


  • Alle Touren müssen innerhalb des 15-Kilometer Radius um die Stadtgrenze München liegen. Dieser Umkreis wird als Bewegungsbeschränkung gültig, wenn die Infektionszahlen weiter steigen.

  • Alle Touren müssen mit öffentlichen Verkehrsmitteln einfach zu erreichen sein.

  • Alle Touren müssen mir so gut gefallen, dass ich sie auch noch empfehlen würde, wenn alle Covid-Beschränkungen aufgehoben sind.


Und mit dieser kurzen Erklärung zu diesem Teil meiner Website würde ich mich jetzt gerne dem ersten Beitrag zuwenden.


Wandern von Thalkirchen nach Schäftlarn

 
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Für den Fall, dass die Idee von Thalkirchen nach Schäftlarn zu Wandern ein wenig zu einschüchtern wirkt, solltest du trotzdem für einen Moment weiterlesen. Dann kann ich erklären, warum genau diese Wanderung ein perfekter Einstieg ist und warum diese Tour für fast jedermann geeignet ist. Um es einfach zu sagen: Es gibt mehrere Möglichkeiten für Abkürzungen. Wenn du mit jüngeren Kindern unterwegs bist, dann hast du schon nach den ersten fünf Kilometern eine Option, um die Tour abzukürzen. Willst du dich erst einmal an der halben Strecke versuchen, gibt es genau auf der hälfte auch eine gute Möglichkeit zum Abbrechen. Und wenn du nach einer Option suchst, um dich zu vordern und auszupowern, dann kannst du dich bis zum Ende durchkämpfen. Aber zunächst geht es um den Start.

Der befindet sich an der U-Bahn Station Thalkirchen, in meinem Fall etwa einen halbe Stunde nach Sonnenaufgang. Hier zeigt sich sofort der erste Vorteil unseres lokalen Ausfluges: Um in den Alpen so eine Startzeit zu erreichen, muss der Wecker schon unangenehm früh gestellt werden. Doch dank dem Start in München kannst du noch ein wenig länger schlafen. Und das bedeutet, dass du ausgeschlafen und erholt in die ersten Meter der Tour starten kanns, die dich am Maria-Einsiedel-Kanal entlang bis zur Floßlände führen. Hier kannst du Wasservögel beobachten, die zusammen mit dem eisverkrusteten See ein sehr winterlich pittoreskes Bild abgeben. Direkt danach wird es Zeit, sich nach links zu wenden und den Isarkanal sowie die Isar selbst auf dem Marienklausesteg zu überqueren. Nun befindest du dich am östlichen Ufer, am südlichen Ende des Tierparks und kannst hier noch die winzige Kapelle entdecken, die sich zwischen Zaun und Berghang anschmiegt. Und Berghang ist ein gutes Stichwort, denn du bist jetzt am Eingang in das wirklich Isartal. Und während du mit knirschendem Schnee unter den Schuhen langsam stromauf wanderst, kannst du beobachten, wie die Wände des Isartales von beiden Seiten immer näher an den Fluss heranrücken. Am besten kommst du hier voran, wenn du den breiten Schotterweg auf der Deichkrone nutzt. Rechter Hand befinden sich die Kiesinseln der Isar, auf denen Wandern manchmal unangenehm sein kann. Links von dir ist eine Ansammlung kleiner Pfade. Diese Isartrails werden das ganze Jahr von Mountainbikern genutzt. Zwar ist es auch Wanderern erlaubt, diese Wege zu begehen, doch für alle beteiligten ist es ein angenehmeres Erlebnis, wenn man sich hier vermeidet.

Ein Schneemann vor der Großhesseloher Brücke

Abhängig von deinem Tempo solltest du schon bald die Großhesseloher Brücke erreichen, die das Isartal hoch über deinem Kopf überspannt. An den gewaltigen Kiesinseln unter dem Bauwerk bietet sich eine kleine Pause an, gerade wenn du mit Kindern unterwegs bist. Führst du diese Tour, wie ich im Winter durch, so kann hier im Schnee gespielt werden. Doch auch im Sommer gibt es mit Treibholz und Kieseln und ein wenig Fantasie genügend Möglichkeiten. Hier ist zudem die erste Option, die Tour ein wenig abzukürzen. Eine kurze Laufstrecke hinauf aufs Hochufer reicht aus, um die Trambahn Station Großhesselohe zu erreichen. Genau so kannst du auch die Isar mit der Brücke überqueren und wieder zurück zum Ausgangspunkt wandern.

Ein schöner Platz für eine Pause

Doch für uns geht es weiter flussauf, immer unsere Kiesstraße folgend. Schnell fällt auf, dass die Zahl der anderen Ausflügler nach der Brücke deutlich abgenommen hat und wir die Natur jetzt mehr für uns haben. Wenn du fast das Wasserkraftwerk Pullach erreicht hast, gibt es die erste Möglichkeit, dich vom Hauptweg zu entfernen. Der biegt nach links ab, doch gerade aus befindet sich ein kleiner Uferpfad, der mehr alibimäßig abgesperrt ist. Durch Vergangenen Hochwasser ist dieser Weg immer wieder beschädigt worden. Dennoch ist er weiterhin gut passierbar und während du hier entlang wanderst, kannst du den Fluss, das Kraftwerk betrachten. Und dann ist da noch die Burg Pullach, die vom Hochufer alles überblickt. Hier befindest du dich auf Pfaden, die du dir mit Mountainbikern teilst, doch auch von denen kommen im Winter viele nicht so weit den Fluss hinauf. An diesem Weg kannst du noch zwei Bänke finden, etwas erhöht über dem Flussufer. Hier bietet sich wieder eine kleine Pause an.


Die Burg in Grünwald

Kurz danach bietet sich der erste Anstieg aus dem Isartal heraus an. Mit einer kleinen Anstrengung kannst du hier das Hochufer an der Grünwalder Burg erreichen. Die sieht im Winter wunderbar verwunschen aus und gibt ein großartiges Fotomotiv ab. Hier in Grünwald hättest du auch eine weitere Möglichkeit, die Wanderung zu beenden und mit der Straßenbahn nach Hause zu fahren. Wenn du aber weiter wanderst, würde ich empfehlen, nicht direkt wieder ins Isartal abzusteigen. Stattdessen solltest du dich durch die Stadt schlängeln, bis du die sogenannte Eierwiese erreichst. Hier kannst du dem Weg für eine Weile durch den Wald folgen, bis du dich plötzlich an der Abbruchkante des Hochufers wiederfindest. Dort gibt es wieder eine Bank mit großartigem Fernblick übers Isartal und das Wasserkraftwerk Grünwald direkt unter dir. Nach diesem wunderschönen Ausblick ist es aber nun Zeit, ins Tal hinabzusteigen. Zunächst folgst du wieder einer Schotterstraße durch den Wald bergab, bis du einen großen Stein mit einem Jägerstand darauf erreichst. Hier musst du nach rechts auf deinen kleinen Pfad abbiegen, der dich genau rechtzeitig zurück ans Flussufer bringt, um den Georgenstein etwas stromauf zu sehen. Dieser gigantische Stein, der in einer Außenkurve aus dem schnell strömenden Wasser der Isar hervorragt, war über die Jahrhunderte schon für Machen Flößer verhägnisvoll. So gefürchtet war dieses Hindernis, dass ein Kreuz mit dem Bildnis des St. Georg auf ihm befestigt wurde, um die Flößer zu schützen.

Der Georgenstein

Für dich bietet sich dieser Ort wiederum als guter Platz für ein Foto und eine Pause an. Wenn es weiter geht, hast du kurz nach dem Georgenstein die Möglichkeit, nach rechts auf einen winzigen Waldweg abzubiegen. Dieser Weg schlängelt sich in vielen kurven durch den dichten Wald, gelangt aber schlussendlich wieder zu einer Kiesstraße direkt am Flussufer. Immer entlang der Isar geht es jetzt weiter flussauf, bis du das Wasserkraftwerk Mühltal erreichst. Im Sommer bietet sich hier im Biergarten eine kurze Pause an, um den Flößen auf der Floßrutsche zuzusehen. Jetzt im Winter kannst du noch immer eine Rast einlegen, denn das Wirtshaus hat geöffnet und verkauft, entsprechend der Regularien, kleine Mahlzeiten zum Mitnehmen. Nach dieser Pause kannst du die Floßrutsche auf einer Brücke überqueren und anschließend am Maschinenraum des Kraftwerks vorbei laufen. Bei dem nun folgenden leichten Anstieg auf die halbe Höhe des Deiches gilt es aufmerksam zu sein. Denn nur hier und nur für einen flüchtigen Moment stehst du genau richtig, um nach Süden ein paar Berge der Alpen hinter dem Isartal aufragen zu sehen. Nirgendwo anders ist das während dieses Wanderung möglich und dort allein wegen des ungewöhnlichen Blickwinkels im Vergleich zum Hochufer und so sollte dieser Augenblick genossen und geschätzt werden.

Pausenplatz am Isarkanal

Nach dem Passieren dieses Punktes solltest du jedoch ganz auf den Deich hinaufsteigen und das letzte Stück entspannt neben dem Isarkanal entlang wandern. Schon nach kurzer Zeit gelangst du so zu einer Brücke, die dich zurück ans Westufer der Isar bringt. Und von hier ist es nur ein kleines Stück entlang der Straße, bis du das Kloster Schäftlarn erreichst. Kurz nach dem Ortseingang erwartet dich ein letztes Geheimnis. Während die Straße scharf rechts abbiegt, solltest du gerade aus Wandern, denn hier befindet sich eine steile Treppe, ein wenig versteckt im Hochufer. Die führt zu einem Aussichtspunkt, etwas oberhalb des Klosters, von dem aus wiederum ein schönes Foto möglich ist. Von hier aus gibt es nur noch einen letzten Anstieg: das Hochufer hinauf zur S-Bahnstation Schäftlarn. Alle zwanzig Minuten fährt dort eine Bahn zurück nach München und bringt dich trotz der müden Beine gut nach Hause.

Das Kloster Schäftlarn

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